Eine WhatsApp-Nachricht genügt nicht der Schriftform der VOB/B

1. Die Schriftform der Mängelrüge ist zwingende Voraussetzung für den Eintritt der Verjährungsverlängerung nach § 13 Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 VOB/B.

2. Eine WhatsApp-Nachricht erfüllt das vereinbarte Schriftformerfordernis nicht.

(OLG Frankfurt, Urteil vom 21.12.2023 – 15 U 211/21)

Sachverhalt

Der beklagte Auftragnehmer (AN) wird vom klagenden Auftraggeber (AG) mit Dachdeckerarbeiten beauftragt. Die VOB/B wird zur Vertragsgrundlage gemacht. Die Verjährungsfrist beträgt vier Jahre. Am 19.11.2012 erfolgte die fiktive Abnahme gem. § 12 Abs. 5 Nr. 1 VOB/B. Am 28.06.2016 bat der AG per WhatsApp den AN, sich das Dach nochmals anzuschauen, weil dieses immer noch lecke. Der AN antwortet „ok“ und beging am 29.06.2016 das Dach. Weitere Kontakte zwischen den Parteien gab es dann erst wieder ab März 2017. Am 14.11.2019 beantragt der AG die Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens. Wegen des festgestellten Mangels begehrt der AG nunmehr vom AG einen Kostenvorschuss. Das Landgericht Marburg hat der Klage stattgegeben. Das OLG Frankfurt hat das Urteil aufgehoben und die Klage wegen Verjährung abgewiesen.

Einordnung des Urteils

Die Verjährungsfrist von vier Jahren begann am 20.11.2012, 0 Uhr (Tag nach der Abnahme) zu laufen. Verjährung wäre somit am 19.11.2016 um 24 Uhr eingetreten (§ 188 Abs. 2 BGB). Da der 19.11.2016 ein Samstag war, somit am Montag, dem 21.11.2016 um 24 Uhr (§ 193 BGB). Die Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens in 2019 wäre daher zu spät gekommen. Der Anspruch auf Kostenvorschuss wäre verjährt gewesen. Nun kann aber durch verschiedene Handlungen die Verjährung gehemmt werden (§ 203 S. 1 BGB). Bildlich gesprochen, die „Verjährungsuhr“ wird angehalten und läuft nach Ablauf der Hemmung weiter. Oder es kommt sogar zu einem Neubeginn der Verjährung (§ 212 BGB). Bildlich gesprochen, die „Verjährungsuhr“ wird auf „Null“ zurückgestellt und es beginnt der Lauf der Verjährung von neuem. Im vorliegenden Fall kommt darüber hinaus noch § 13 Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 VOB/B in Betracht. Danach verjährt der Anspruch auf Beseitigung eines gerügten Mangels in zwei Jahren vom Zugang des schriftlichen Mängelbeseitigungsverlangens an. Sollte daher in der WhatsApp-Nachricht des AG vom 28.06.2016 ein solches Beseitigungsverlangen liegen, wäre Verjährung erst mit Ablauf des 28.06.2018 eingetreten. Da ab März 2017 weitere Hemmungstatbestände vorlagen, wäre die Einreichung des Antrags auf Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens in nicht verjährter Zeit erfolgt.

Entscheidend ist somit, ob die WhatsApp vom 28.06.2016 dem Schriftformerfordernis des § 13 Abs. 5 Nr. 1 VOB/B entspricht. An dieser Stelle ist wichtig, dass man zwischen einer gesetzlich geforderten Schriftform (§ 126 BGB) und einer „nur“ vertraglich vereinbarten Schriftform (§ 127 BGB) (sog. gewillkürte Schriftform) unterscheidet. Eine vom Gesetz geforderte Schriftform bedeutet, dass eine Originalunterschrift des Absenders beim Empfänger vorliegen muss. Eine vertraglich vereinbarte Schriftform wird auch durch die sog. telekommunikative Übermittlung gewahrt (§ 127 Abs. 2 Satz 1 BGB), d.h. es würde z.B. auch eine Mail oder ein Fax ausreichen (OLG Köln, Urteil vom 22.06.2016 – 16 U 145/15).

Die VOB/B ist kein Gesetz, sondern wird im privaten Rechtsverkehr vertraglich vereinbart. Daher gilt hier § 127 BGB. Mithin reicht eine telekommunikative Übermittlung. Das OLG Frankfurt fordert hierbei eine Erklärung, die in gleicher Weise wie ein Schriftstück verfasst sei, die in einer die Übergabe eines Schriftstückes ersetzenden Art an den Erklärungsempfänger übermittelt worden sei und aus der sich unzweideutig der Erklärende ergebe.

Zudem müsse der Erklärungsempfänger in der Lage sein, das Schriftstück auszudrucken und dauerhaft abzuspeichern bzw. zu archivieren. Daher erfüllen zwar Mail und Fax das Schriftformerfordernis des § 127 BGB, aber nicht eine WhatsApp-Nachricht.

Praxistipp

Die Entscheidung bringt etwas rechtliche Klarheit in den Graubereich der geschäftlichen Kommunikation, der durch die Hinzunahme von WhatsApp und anderen Messenger-Diensten entstanden ist. Wer rechtssicher eine vertraglich vereinbarte Schriftform wahren will, muss zumindest eine E-Mail schreiben. Aber Achtung: Nicht jedes Schriftformerfordernis der VOB/B führt nur zu § 127 BGB. Nach § 8 Abs. 6 VOB/B ist die Kündigung schriftlich zu erklären. Hier greift § 126 Abs. 1 BGB, da die VOB/B nur klarstellt, was ohnehin im BGB nach § 650h BGB gilt. Daher bedarf die Kündigung eines Schreibens mit Unterschrift.

Nach oben scrollen